Gehören über Bord geworfen! Wie der Tagesspiegel Kreuzfahrt-Vorurteile befeuert

Nicht alle Nachrichten lassen sich gut über Instagram-Bilder vermitteln, das hat der Tagesspiegel neulich bewiesen. Und ein Beispiel geliefert, wie Medien Kreuzfahrt-Vorurteile befeuern.

Was war passiert? Im Mittelmeer wurde das Kreuzfahrtschiff Aida blu zu einer Segeljacht in Seenot gerufen. Das Boot war manövrierunfähig und mit ca. 40 Flüchtlingen besetzt – deutlich mehr als die maximale Personenkapazität. Das Kreuzfahrtschiff ließ die Jacht andocken und die Crew hat die Menschen an Bord mit Lebensmitteln, Wasser und Rettungswesten versorgt. Ein Boot der italienischen Küstenwache hat die Flüchtlinge abgeholt. Bis zu dessen Eintreffen blieb die Aida blu mit der angedockten Jacht vor Ort.

Die Flüchtlinge wurden somit aus ihrer Seenot gerettet, aber nicht an Bord des Kreuzfahrtschiffs geholt. Darüber wurde an Bord der Aida blu und an Land diskutiert. Der Spiegel hat sogar eine Expertin dazu befragt: Hilfe leisten heißt nicht zwangsläufig, die Menschen an Bord holen zu müssen. Aufgepasst: Es wurden die Alternativen diskutiert, ob diese Art der Rettung die Richtige war oder ob es besser gewesen wäre, die Menschen an Bord des Kreuzfahrtschiffes zu holen.

Auch der Tagesspiegel aus Berlin berichtet darüber auf Instagram:

Tagespiegel auf Instagram: Kreuzfahrtschiff Aida Blu rettet Flüchtende von einem Segelboot / Da treffen einfach wie aus dem Nichts zwei Welten aufeinander.

Die Reaktionen haben mich zunächst überrascht:

„Gehören über Bord geworfen“. Entsetzte Kommentare zu den Passagieren der AIda blu, die diskutierten, ob man die Menschen hätte an Bord nehmen sollen.

Was war passiert? Der Instagram-Post ist so kurz gehalten, dass zwar erzählt wird, dass die Flüchtlinge durch die Aida blu gerettet worden sind, aber verschwiegen wird, dass die Menschen dafür gar nicht an Bord geholt wurden. Und so haben viele Leser und Leserinnen den Satz „Nach der Rettungsaktion fingen die Reisenden auf der Aida an zu diskutieren, ob man die Menschen hätte an Bord nehmen sollen“ in den falschen Hals gekriegt. Wegen der verkürzten Darstellung sieht es fälschlicherweise so aus, als wenn  „… oder ertrinken lassen“ die andere Option ist statt richtig „… oder von der Küstenwache abholen“. Insofern sind die heftigen Reaktionen zwar verständlich, aber unangemessen.